Vor 125 Jahren

Die Fingerfertigkeit der Frauen, verdrängte Männer aus ihrer Domäne -  ca. 1885

"Jedes Mädchen, das sich als Maschinenschreiberin verdingt, ist moralisch aufs äußerste gefährdet und auf dem besten Weg, der Prostitution anheim zu fallen".

Mit Proklamationen wie diesen beschworen Ende des 19. Jahrhunderts besorgte Frauenvereine den drohenden Sittenverfall ihrer Geschlechtsgenossinnen. Sie und auch die um ihre Arbeitsplätze besorgten männlichen Kopisten konnten jedoch weder den Einzug der Schreibmaschine noch der Frauen in die Kontore verhindern. Die Kultur- und Sozialgeschichte des Büros und die Entwicklung eines Frauenberufes nahmen einfach ihren Lauf.

Von der Feder zur Maschine

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Als 1874 der Amerikaner Christopher Latham Sholes die erste Typenschreibmaschine zur Serienreife brachte, nutzte er die Erfahrungen von 30 Vorgängermodellen. Die US-amerikanische Waffenfabrik Remmington nannte ihren Typewriter schlicht Sholes & Glidden". Etwa gleichzeitig entwickelte sich mit der Industrialisierung, Massenfabrikation und Gründung großer Handelsgesellschaften das Verwaltungspensum. Wurde die nach straffer preußischer Disziplin geordnete "Bürokratie" zunächst noch von Schreibern (Kopisten) erledigt, so ersetzten langsam aber stetig die Typewriter Stahlfeder und Tintenfass. Immer umfangreichere Korrespondenz und ausführliche Berichte waren auf den Schreibmaschninen einfach schneller anzufertigen.

Das Zehn-Fingersystemen

Frauen bekamen die Aufgaben im Büro - Die Hierarchie blieb. Frauen bekamen die Aufgaben im Büro - Die Hierarchie blieb.

Um 1900 schließlich, nachdem Arbeitswissenschaftler das Zehn-Fingersystem entwickelt hatten, eroberten endgültig die Frauen diese Männerdomäne: Sie galten einfach als geschickter und schneller im Umgang mit den Schreibmaschinen, den Telegrafen und den Kopiermaschinen. Der Nachteil: Das Image des Berufes sank. Die Schreiberinnen mussten meist stumpfsinnige Routineaufgaben erledigen, während die Männer in den mittlerweile arbeitsteiligen Büros kaufmännisch ausgebildet wurden.

Vom Saal zum Sekretariat

Riesige Schreibbüros vor der Entwicklung einer effizienten Textverarbeitung Riesige Schreibbüros vor der Entwicklung einer effizienten Textverarbeitung

In den zwanziger Jahren flossen nicht nur die Fließbänder in der industriellen Produktion, sondern im Prinzip auch in den Verwaltungen. Wie am Fleißband mussten die Frauen in riesigen Schreibsälen im Akkord arbeiten. Die Folge: immer mehr Frauen wurden krank. Sie bekamen Kopfschwerzen vom Krach einiger Dutzend Schreibmaschinen um sie herum. Sehnenscheidenentzündungen, Muskelverspannungen, Nervosität und Schwerhörigkeit wurden zu Berufskrankheiten, Ergonomie und Mischarbeitplätze zu einer Forderung.

Maschinenschreiben war schließlich genau genommen Schwerarbeit: der Kraftaufwand beim Tastenanschlag vergleichbar mit der Arbeit eines Betonfacharbeiters. Innerhalb von acht Stunden kamen 95 Tonnen zusammen!

Manch eine clevere Schreiberin profitierte bald von einer neuen Mode: Die Direktoren und Abteilungsleiter großer Firmen erfanden das Vorzimmer und den Arbeitsplatz einer Sekretärin.

Vom Sekretariat zum Office

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Mal heißt es einfach Vorzimmer, dann etwas ketzerisch Kommandozentrale oder ganz gemein ZK - Zentralorgan. Seit langem ist es die Domäne der Frauen. In Windeseile tippen, was der Chef zum Diktat gegeben hat, Kaffee kochen und Fingernägel lackieren. Das alles ist ein nicht tot zu kriegendes Klischee und sowieso höchstens von vorgestern.

Die Sekretärinnen heute sind oft ausgebildete Bürokaufleute, Fachkräfte für Bürokommunikation, sprechen mindestens eine, meist mehrere Fremdsprachen, kennen sich aus in Buchhaltung und im Steuerrecht. Sie haben sich weitergebildet im Personalmanagement, im Marketing, recherchieren für den Wirtschaftsbericht und zu Vorträgen. Die Sekretärin ist längst Managementassistentin oder auch Office-Managerin. Oft sind die Wände des einsamen Vorzimmers gefallen und sie sitzt in Rufnähe mit anderen Teamkollegen in einem offenen oder auch einem Großraumbüro.

Mit mehr Bewegung in die 90er

Die Norweger brachten mit Ihren Entwicklungen das Sitzen in Bewegung - Hier ein Entwurf von Peter Opsvik Die Norweger brachten mit Ihren Entwicklungen das Sitzen in Bewegung - Hier ein Entwurf von Peter Opsvik

Ergonomie als Zweig der Arbeitswissenschaft beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Mensch, Arbeit, Technik. Ihr Ziel ist es, Lösungen zu entwickeln, die dem Wandel der Arbeit und den Problemen bzw. Bedürfnissen der Menschen gerecht werden.

So haben sich etwa parallel zum Einzug der Informationstechnologie in die Arbeitswelt gerade Muskel- und Skeletterkrankungen zur Volkskrankheit entwickelt. Nach Umfragen verschiedener Krankenkassen klagt jeder zweite über Rückenbeschwerden, Fehltage sind überwiegend auf Rückenerkrankungen zurückzuführen – meist auf Grund von Fehlhaltungen.

Vor allem mit unzulänglichen und schlecht eingestellten Arbeitsmitteln (Tisch, Stuhl, Tastatur, Bildschirm), die zu ungesunder starrer Haltung, aber nicht zur Bewegung animieren, steigt nach Untersuchungen von Arbeitsmedizinern das Risiko zu erkranken. Sie propagieren deshalb: Bewegung am Arbeitsplatz, damit die Muskulatur fit bleibt!

1990: Dr. Armin Wandel von INQA Büro

Dr. Armin Wandel  - 1990 Dr. Armin Wandel - 1990


Dr. Armin Windel, INQA Büro:


"Die Einhaltung der Bildschirmarbeitsverordnung zur Prävention muskuloskeletaler Erkrankunken reicht nicht aus. INQA hat deshalb weit über Gesetze und das untergesetzliche Regelwerk (z.B. DIN-Normen) hinausgehende Leitlinien entwickelt, in deren Mittelpunkt die Auswahl, individuelle Einstellmöglichkeit und Anpassung von Produkten an die eigenen Bedürfnisse und die Arbeitsumgebung steht. Ein wesentliches Ziel der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung besteht darin, statische Haltungen zu vermeiden und die Bewegung am Arbeitsplatz zu fördern - denn erst gesunde Arbeitsbedingungen machen Arbeitsplätze wirklich wettbewerbsfähig."

1992: Sabine Winterstein - Gesundheitsexpertin der DAK

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Noch vor 100 Jahren gingen die Menschen jeden Tag ca. 17 km zur Arbeit, zur Schule und im Alltag zu Fuß. Heute gehen wir durchschnittlich 750 Meter.Hinzu kommt der Wandel in der Arbeitswelt, weg von der schweren körperlichen Arbeit hin zur sitzenden Tätigkeit. Durchschnittlich sitzen wir 8,3 Stunden am Tag. Inaktivität, also unbewegtes Sitzen gepaart mit wenig Bewegung in der Freizeit, führt jedoch in vielen Fällen zu Rückenproblemen. Heute klagen ca. 80 Prozent der Bevölkerung über Rückenschmerzen. Die Krankenversicherer geben jedes Jahr mehr als 25 Milliarden Euro für Rückenschmerzen aus. Der Vorbeugung von Rückenerkrankungen besonders im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung kommt also eine große Bedeutung zu. Mit verschiedenen Programmen wie „DAK-Ausdauertraining“, „DAK-Rückencoaching“ und „Fit am Arbeitsplatz“ zeigen wir Möglichkeiten der Vorbeugung und wie durch veränderte Sitzpositionen die Muskulatur im Wechsel gespannt und entspannt wird. Wir weisen auf eine rückenfreundliche sinnvolle Verteilung der Arbeitsaufgaben hin, die sitzende, stehende und gehende Tätigkeiten und Bewegungen kombiniert. Und das nicht nur im Büro! Es ist wichtig für einen lebenslangen fitten Rücken die Muskulatur regelmäßig zu fordern und zu trainieren, am Arbeitsplatz und in der Freizeit.